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Rechtsanwalt Michael Habeck


Bahn-, Fernbus- & Schiffsfahrt » Bahnbeförderung allgemein

2 Haftung für Gepäck- und Personenschäden

Haftung für Handgepäck und aufgegebenes Gepäck

Eine Haftung bezüglich mitgeführten Handgepäcks kann sich aus dem konkreten Beförderungsvertrag oder aufgrund der Regelungen zur sog. "unerlaubten Handlung" nach den §§ 823 ff. BGB ergeben. Grundsätzlich gehört es zur vertraglichen Hauptpflicht des Eisenbahnunternehmens, den Reisenden und sein Gepäck sicher und pünktlich zu befördern, wobei es Obhuts- und Sorgfaltspflichten zu beachten hat.

Bei aufgegebenem Reisegepäck besteht im Fernverkehr bei (teilweisem) Verlust des Gepäcks eine Haftungshöchstgrenze von 80,00 Sonderziehungsrechten (=SZR, ein SZR entsprach im Oktober 2014 ca. EUR 1,17) pro Kilo oder aber SZR 1.200,00 je Gepäckstück, jeweils wenn die Schadenshöhe nachweisbar ist. Bei nicht nachgewiesener Schadenshöhe wird pauschal mit SZR 20,00 pro Kilo oder aber SZR 300,00 je Gepäckstück entschädigt. Bei einer Gepäckbeschädigung ist die tatsächliche Wertminderung zu ersetzen, wobei ebenfalls Haftungshöchstgrenzen wie bei verlorenem Gepäck bestehen. Bei verspäteter Auslieferung des Gepäcks hat der Beförderer je angefangenen 24 Stunden, aber höchstens für 14 Tage, eine Entschädigung zu zahlen. Je nachdem, ob ein Schaden nachweisbar ist oder nicht, können auch hier Haftungshöchstgrenzen gelten oder es wird pauschal entschädigt.

Aufgrund weiterer besonderer Regelungen haftet die Bahn auch im Nahverkehr für verlorenes, verspätetes oder beschädigtes Aufgabegepäck. M.E. sind diese Fälle so selten, dass hier nicht weiter darauf eingegangen wird.

Bei Nutzung eines Gepäckträgerservices kann eine Haftung wie für aufgegebenes Gepäck bestehen. Die Nutzung einer Gepäckaufbewahrungsmöglichkeit am Bahnhof haftet das Bahnunternehmen als "Verwahrer" im Sinne der Regelungen des Verwahrungsrechts (§§ 688 ff. BGB). Bei Schließfächern gelten wiederum die Bedingungen der Bahn für die Vermietung von Schließfächern, aus welchen sich besondere Haftungsregeln ergeben können.

Achtung: Ist eine Reisegepäckversicherung abgeschlossen worden, so ist von dort in der Regel mit einer höheren Entschädigung zu rechnen, als direkt vom Eisenbahnunternehmen.

Aufgrund der komplexen Regelungsmaterie in diesem gesamten Bereich, ist eine detaillierte Darstellung aller denkbaren Konstellationen nicht möglich. Empfehlenswert ist m.E. grundsätzlich eine vorbeugende Schaffung von Nachweisen für "den Fall der Fälle". Ein Foto des Gepäckstücks vor Abreise mit erkennbarem Maßstab kann z.B. später die Streitfrage vermeiden, ob der zum Schadensersatz behauptete Inhalt überhaupt in das Gepäckstück passen konnte. Wird das Gepäckstück geöffnet fotografiert, so dass der Inhalt erkennbar ist, wird ein weiteres, später womöglich sehr hilfreiches Indiz geschaffen. Auch die unabhängige eigene Feststellung des Gewichts des Gepäcks vor Abreise kann sinnvoll sein, da - wie oben dargestellt - u.U. eine Entschädigung pro Kilo erfolgt. Schließlich können Kaufbeleg sowie Kenntnis von Hersteller, Marke, Material usw. bei Verlust oder Fragen der konkreten Schadenshöhe hilfreich sein.

Haftung für Personenschäden

Der Beförderer haftet nach der Fahrgastrechteverordnung (EG) Nr. 1371/2007 für einen Personenschaden, der im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb steht und sich während des Aufenthaltes im Zug oder beim Ein- und Aussteigen ereignet.

Eine für Fahrgäste u.U. günstigere sogenannte "verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung" besteht bei Personenschäden, die mit dem bloßen Betrieb der Eisenbahn in Zusammenhang stehen. Typische Sachverhalte sind Schäden durch herunterfallendes Gepäck, ruckartiges Anfahren und Bremsen, vom Zugbegleiter verschüttete Heißgetränke, Gedränge auf dem Bahnsteig usw. Im Falle der Tötung oder Verletzung haftet das Bahnunternehmen bis zu einem Kapitalbetrag von EUR 600.000,00 oder auf jährliche Geldrente in Höhe von EUR 36.000,00. Die Haftung kann ausgeschlossen sein, wenn das Bahnunternehmen zur Entlastung nachweist, dass der Schaden infolge höherer Gewalt oder eigenen Verschuldens des Geschädigten verursacht wurde.

Schließlich gelten die Haftungsregelungen der "unerlaubten Handlung" nach den §§ 823 ff. BGB bei Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, z.B. bei Schäden infolge eines Sturzes wegen Verschmutzung von Bahnsteig oder Zu- und Abgängen, Schäden wegen unzureichend gesicherter Wagontüren usw.