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Rechtsanwalt Michael Habeck


Flug » Annullierung (Flug gestrichen)

1 Ansprüche

Annullierung bedeutet Nichtdurchführung des geplanten Fluges, für den ein Platz gebucht war. Flug meint grundsätzlich das einzelne Direktflugsegment von A nach B. Bei Hin- und Rückflug oder Umsteigeverbindungen liegen also mehrere getrennt zu betrachtende Segmente vor! Liegt der Abflugort des betroffenen Flugsegmentes (geschäftlich, privat, Charter, Linie, Ferienflug, Teil einer Pauschalreise oder Prämienflug) entweder

  • an einem Flughafen in der EU, egal wer den Flug durchführt (z.B. Lufthansa oder Air China von Frankfurt nach Peking) oder
  • außerhalb der EU und führt zu einem Ziel in der EU und wird von einer Gesellschaft mit Sitz in der EU durchgeführt (z.B. Lufthansa von Peking nach Frankfurt, nicht aber Air China!)

so haben Fluggäste nach der Verordnung (EG) Nr. 261/04 über Fluggastrechte insbesondere die nachfolgenden Ansprüche (Anklicken für Details):

  • Betreuungsleistungen

    Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit. Bei erforderlichem längeren Nachtaufenthalt auch Unterbringung in einem Hotel mit Transfer. Zudem muss Kommunikation ermöglicht werden (Alternativ 2x E-Mail, Fax- oder Telefonverbindung). Die vorgenannten Ansprüche bestehen immer bei Annullierungen, also auch wenn sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen, wie z.B. Unwetter oder Streik.

  • Unterstützungsleistungen

    Betroffenen ist eine anderweitige Beförderung zum Zielort (ggf. auch mit fremder Gesellschaft, Mietwagen, Bahn etc.) anzubieten und zwar nach Wunsch mit der frühestmöglichen Alternativverbindung oder mit einer Verbindung zu einem späteren Zeitpunkt. Alternativ können Betroffene den Rücktransport zum ersten Abflugort mitsamt der Erstattung des Flugpreises verlangen. Die vorgenannten Ansprüche bestehen immer bei Annullierungen, also auch wenn sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen, wie z.B. Unwetter oder Streik.

  • Ausgleichszahlung

    Grundsätzlich steht Betroffenen in Abhängigkeit der Flugstrecke (hier berechenbar) ein pauschaler finanzieller Ausgleich von EUR 250,00, EUR 400,00 oder EUR 600 zu. Niedrigere Beträge können sich ausnahmsweise ergeben, wenn die Information über die Annullierung frühzeitig (also nicht erst am Flughafen) im Voraus erfolgt ist und eine Ersatzverbindung ohne großen Zeitverlust angeboten wurde.

    Der Anspruch besteht nicht, wenn die Fluggesellschaft nachweist, dass unvermeidbare außergewöhnliche Umstände vorliegen. Das kann wiederum nur der Fall sein, wenn die Umstände nicht in die beherrschbare betriebliche Sphäre der Fluggesellschaft fallen, also z.B. bei einem Fluglotsenstreik oder einem unangekündigten Streik des eigenen Personals, bei Unwetter, unerwarteter politischer Instabilität usw.

    Fehlende Wirtschaftlichkeit des Fluges oder technische Defekte sind in der Regel keine solchen vermeidbaren außergewöhnlichen Umstände, weil Fluggesellschaften entsprechenden Risiken mit zumutbaren Maßnahmen vorbeugen können. Es muss also eine Ausgleichszahlung erfolgen.

Einzelheiten zu all diesen Ansprüchen können folgender PDF-Übersicht zu den Fluggastrechten nach EU-Recht entnommen werden:

Kompaktübersicht der Fluggastrechte nach der EU-Verordnung 261/04 als PDF

Achtung: Hat die Fluggesellschaft keine Betreuungs- oder Unterstützungsleistungen erbracht und sind Betroffene deshalb in Vorleistung gegangen, so besteht die Pflicht der Fluggesellschaft zum Schadensersatz insoweit zusätzlich zu einer etwaig zu zahlenden Ausgleichszahlung. Eine Anrechnung erfolgt zu Gunsten der Betroffenen also ausnahmsweise nicht, da die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen schon originär neben einer Ausgleichszahlung zu erbringen sind.

Nicht nur das EU-Recht schützt Fluggäste!

Insbesondere bei Pauschalreisen oder wenn die europäische Fluggastrechteverordnung nicht anwendbar ist - so im obigen Beispiel bei Flügen einer Gesellschaft ohne Sitz in der EU in die EU oder auf Flugsegmenten außerhalb der EU - kann u.U. auf andere Regelungen zurückgegriffen werden:

Führt die Annullierung im Rahmen einer Pauschalreise zu Unannehmlichkeiten oder Schäden wie z.B. vertaner Urlaubszeit oder nutzlosen Hotel- oder Mietwagenkosten, so können auch Ansprüche nach den reiserechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestehen.

Weitergehende oder ergänzende Ansprüche können auch nach dem Montrealer Übereinkommen oder den werkvertraglichen Vorschriften des BGB bestehen, z.B. bei einer aus der Annullierung letztlich folgenden Ankunftsverspätung am Zielort (ab 2, 3, 4 Stunden - je nach Flugstreckenlänge) oder aber bei konkret nachweisbaren Schäden, die betragsmäßig über o.g. Ausgleichszahlungen hinausgehen.

Mehrfacher Schadensersatz aufgrund verschiedener Rechtsgrundlagen ist aber in der Regel nicht möglich - meist erfolgt eine Anrechnung der verschiedenen Ersatzansprüche.