Flug » Große Verspätung
2 Was tun im Fall der Fälle?
Verbindliche Ratschläge können grundsätzlich erst in einem Mandatsverhältnis erteilt werden! Trotz unterschiedlicher Einzelfallkonstellationen halten wir generell folgendes für wichtig:
Nachweise sind das A und O!
Ist der Grund der Verspätung nicht klar, so sollte noch am Flughafen bei der Fluggesellschaft nach dem Grund für die Verspätung gefragt werden. Es schadet nicht, sich eine schriftliche Bestätigung geben zu lassen. Ggf. können andere Mitreisende als Zeugen hinzugezogen werden (Kontaktdaten notieren!). Hilft die Fluggesellschaft nicht weiter, kann ggf. die Flughafeninformation weiterhelfen. Schon an Bord sollte man besonders auf Durchsagen achten. Die Crew sitzt "an der Quelle" und informiert oft detailreicher als Mitarbeiter am Schalter. Ggf. auch hier Notizen machen und Zeugenkontakte aufnehmen.
Ein Foto kann hilfreich sein, wenn eine Abfluganzeige die große Verspätung anzeigt. Beruft sich die Fluggesellschaft vor Ort schon auf bestimmte Umstände (z.B. fehlende Schneeräumung des Vorfeldes, Nebel, dichter Schneefall), so sollten nach Möglichkeit die tatsächlichen Umstände festgestellt werden. Ggf. reicht schon ein Blick (Foto!) aus dem Fenster oder auf die Anzeigetafeln. Ist das Vorfeld tatsächlich nicht geräumt? Herrscht tatsächlich dichter Schneefall? Fliegen andere Gesellschaften bei vergleichbaren Bedingungen? Usw.
Eine große Verspätung mit vielen eventuell aufgebrachten Passagieren ist für Fluggesellschaften herausfordernd. Dem sollte angemessen, ruhig und vernünftig begegnet werden. Werden Betroffene aber überhaupt nicht betreut, z.B. mit Verzehrgutscheinen, Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur absehbaren Wartezeit usw., so verpflegen sie sich ggf. selbst und gehen u.U. in Vorleistung. Dann sollten unbedingt Belege, Rechnungen und sonstige Dokumente zum späteren Nachweis aufbewahrt werden! Zu denken ist stets an die sog. Schadenminderungspflicht. Unverhältnismäßig hohe Vorleistungen müssen nicht erstattet werden!
Und weiter?
Anwaltskosten werden häufig nicht erstattet, wenn ein Anspruch offensichtlich besteht und dieser einfach selbst hätte geltend gemacht werden können. Betroffene können sich also zunächst selbst an die Fluggesellschaft wenden.
Anspruchsgegner ist bei Anwendung der Fluggastrechteverordnung nur die durchführende Fluggesellschaft, also - insbesondere bei einem sog. "Codeshare"-Flug - nicht zwingend die Gesellschaft, die den Flugschein ausgestellt hat. Die durchführende Gesellschaft wird oft in den Reiseunterlagen mit einem Kürzel aus zwei bis drei Zeichen und dem Hinweis "operated by" angegeben. Die Kürzel können z.B. hier entschlüsselt werden. Adressen und deutsche Anschriften ausländischer Gesellschaften sollten am Besten noch am Flughafen erfragt werden oder den Reiseunterlagen entnommen werden. Oftmals hilft auch ein Blick auf Webseiten der Fluggesellschaften (dort unter "Impressum" oder "Kontakt").
Bei Anwendung der Fluggastrechteverordnung gilt zudem grundsätzlich: Nur der Fluggast ist Anspruchsinhaber, auch wenn das Ticket nicht selbst bezahlt wurde. Das betrifft häufig vom Arbeitgeber bezahlte Geschäftsreisen. Auch eine Ausgleichszahlung steht damit nur dem betroffenen Fluggast selbst zu. Besondere Regelungen, z.B. zur anteiligen Weiterleitung eines Ersatzbetrages, können jedoch im Arbeitsvertrag enthalten sein - das ist m.E. jedoch derzeit kaum der Fall.
Ansprüche können auch gemeinsam, z.B. für mitreisende Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder geltend gemacht werden. Dann sollte deutlich gemacht werden, dass sich der Absender auch als berechtigter Vertreter für die anderen meldet.
Nachfolgendes Musterschreiben stellen wir - ohne Gewähr und zur eigenverantwortlichen Verwendung - zur Verfügung. Eine gewerbliche Nutzung bedarf unserer vorherigen Genehmigung.
Wiederum ist ein Nachweis über die Anspruchsanmeldung wichtig! (→ also Postversand per Einschreiben, bei Fax den Sendebericht aufheben oder per E-Mail versenden, da häufig automatische Eingangsbestätigungen erteilt werden).
Nach der Rechtsprechung unterliegen Ansprüche aus dem Fluggastrecht in Deutschland der normalen Verjährung (3 Jahre, in der Regel gerechnet ab Jahresende, siehe §§ 195, 199 BGB). Bei Ansprüchen nach dem Montrealer Übereinkommen gilt eine Klagefrist von zwei Jahren nach Ankunft.
Nicht einschüchtern lassen!
Eine ablehnende oder nicht zufriedenstellende Antwort muss noch lange nicht heißen, dass tatsächlich keine weitergehenden Ansprüche bestehen. Jetzt kann anwaltliche Hilfe ratsam sein!